Atuona den 19. November 1998
An Herrn COTICHE, Chef Gendarme in Atuona, Hiva Oa, Marquesas
M. Cotiche:
In Folge unserer zahlreichen und schwierigen Gespräche möchte
ich Ihnen:
- Die Ereignisse seit unserer Ankunft auf den Marquesas
rekapitulieren
- Ihnen die Gesetzesänderungen im Bezug auf die Kaution für
Segler erhellen
19. Oktober 1998, 11:00
Ich habe mich bei der Gendarmerie eingefunden, um wie
erforderlich einzuklarieren.
Der diensthabende Gendarme stempelte unsere Reisepässe wie
erforderlich mit dem Ankunftsdatum. Er klärte mich über die
Notwendigkeit eines Visums für mich als Amerikanerin mit
europäischem Wohnsitz nach einem Monat, und für meinen Mann
Achim, als Deutschen, nach drei Monaten auf. Weiterhin wurde uns
mitgeteilt, daß die maximale Aufenthaltsdauer für meinen Mann
auf 1 Jahr begrenzt ist, während die maximale Aufenthaltsdauer
für mich nach zweimaliger Verlängerung eines dreimonatigen
Visums auf insgesamt 6 Monate begrenzt sein soll.
Man informierte uns ebenfalls, daß zum Erhalt der Visa, die
Entrichtung einer Kaution erforderlich sei. Unfähig mir die
Höhe des aktuellen Betrages zu nennen, schickte man mich zur
Bank um die notwendigen Informationen einzuholen.
Die Bankangestellte am Schalter sagte, daß der Höhe der Kaution
sich allmonatlich am Preis eines Flugtickets in mein Heimatland
orientiert. Sie sagte außerdem, daß der Preis für meinen Mann
und mich aufgrund unserer unterschiedlichen Herkunftsländer
differiert, obwohl wir seit mehr als sieben Jahren verheiraten
sind. Die Höhe der aktuellen Kautionen waren :
118200 CFP für Deutschland
89000 CFP für die Vereinigten Staaten
+ 5000 CFP Gebühren
Dies entspricht einem Betrag von US$ 2210.50 mit US$ 52 Gebühr
26. Oktober 1998, 10:00
Ich ging zusammen mit meinem Mann in die Gendarmerie, um nach Rat
zu fragen. Wir haben ausreichende finanzielle Mittel um unseren
Lebensunterhalt während des vorgesehenen Aufenthaltes in
Französisch Polynesien zu bestreiten, haben aber nicht eine so
hohe Summe Bargeld als Kaution zu vergeben.
Sie, Herr COTICHE, haben uns geantwortet : "Ohne Bezahlung
müssen Sie Polynesien sofort verlassen !"
Ich wollte die Gebühr für mein Aufenthaltsvisum entrichten, Sie
aber haben mir erklärt, daß Sie mir ohne die Kaution kein
Aufenthaltsvisum ausstellen wollen. Sie fügten hinzu, daß ich
ab dem 19. November 1998 als illegale Ausländerin zu betrachten
sei.
Herr Klemmt hat Sie freundlich gebeten den Gesetzestext einsehen
zu dürfen, und Sie haben uns eine hübsche Broschüre mit vielen
Werbeanzeigen, den "Guide de Yachts", vom Port Autonome
de Papeete vorgelegt. Diese Broschüre war nicht datiert, und die
Höhe der "Caution de Rapatriment" wurde gar nicht
erwähnt.
Als Herr Klemmt seine Bitte den Gesetzestext einsehen zu dürfen
erneuerte, erklärten Sie, daß es nichts zu zeigen gäbe, es sei
einfach polynesisches Gesetz. In diesen Moment haben Sie unsere
Pässe konfisziert. Meine Reaktion war, daß ich dieses Land auf
der Stelle verlassen wollte. Diese Entscheidung schien Ihnen zu
gefallen und Sie gaben mir unsere Pässe mit den Worten "um
so besser" zurück.
29.Oktober 1998, 9:00
Herr COTICHE, Sie besuchten uns mit Ihrem Speedboat auf dem
Ankerplatz. Sie erklärten, daß Herr Klemmt nicht nett war, und
Sie deshalb unsere Pässe konfisziert haben.
Sie gaben uns 15 Tage Zeit um die Kaution zu bezahlen, danach
sehen Sie sich gezwungen den Zoll in Papeete zu informieren um
unser Boot zu konfiszieren und uns des Landes zu verweisen. Wir
verabredeten uns für den nächsten Tag in der Gendarmerie.
30.Oktober 1998, 14:00
Nach mehr als zweistündiger Beratung mit Ihnen, konnten Sie
immer noch keinen Gesetzestext vorweisen, der die Erhebung einer
"Caution de Rapatriment" für EU-Bürger vorschreibt.
Sie haben sich immer noch geweigert mir ein Aufenthaltsvisum
auszustellen, und mich an die Risiken erinnert die wir eingingen,
falls wir nicht bezahlen würden. Sie zeigten uns eine
Verhaltensregelung des Flughafens von Tahiti, die jedoch leider
ebenfalls mehrere Jahre alt war. Sie haben weiterhin meinen Mann
beleidigt, indem Sie ihn als "blöd" bezeichneten und
ihn aufforderten "intelligent" zu sein und die Gesetze
zu befolgen, wie alle anderen auch. Bestimmt könnten wir ja
jemanden auftreiben, der uns die Summe leihweise zur Verfügung
stellen würde, fügten Sie hinzu.
UNSERE POSITION
Ich teile Ihnen erneut mit, daß wir immer noch bereit sind die
Gebühr für mein Visum zu entrichten, wir teilen jedoch nicht
Ihre Interpretation der Gesetze, daß die Vergabe des Visums an
die Entrichtung einer Kaution gekoppelt ist.
In Folge der Maastrichter Verträge, so ergaben unsere
Nachforschungen, ist die "Caution de Rapatriment" für
EU-Bürger genau wie auch für Französische Bürger die in
Französisch Polynesien einreisen nicht mehr zu entrichten.
Im Anbetracht der Tatsache, daß der Eigner und Kapitän unseres
Schiffes, Herr Klemmt, deutscher Staatsbürger ist, sollte er
aufgrund der internationalen Verträge, die Frankreich an die
Mitgliedsstaaten der EU binden von der Entrichtung der Kaution
befreit sein. Ich als seine Frau seit sieben Jahren mit
permanentem Aufenthaltsrecht in Deutschland sollte ebenfalls von
der Bezhlung dieser Kaution , genau wie mein Mann, ausgenommen
sein.
Herr VAN DRUNEN, niederländischer Staatsbürger, hat uns erlaubt
das Urteil des Verwaltungsgerichtes in Papeete zu zitieren,
welches bestätigt, das er mehrmals legal ins "Territoire
dOutre Mer" eingereist ist, obwohl er niemals die
"Caution de Rapatriment" entrichtet hat. Es genüge die
Artikel 6, 24 und 20 des Dekretes vom 27.April 1939 zu befolgen
lautet es im Urteil. Dies ist in unserem Fall bereits geschehen.
Gerne gewähren wir Ihnen Einsicht in die folgenden Dokumente :
- Den Artikel 171 der Maastrichter Verträge
- Das Urteil vom 12.Dez.1990 in den Sachen C-100/89 et C-101/89,
Europäischer Gerichtshof
- Das Urteil des Tribunal Administratif de Papeete vom 26 Okt.
1993
- Die Abgelehnte Gesetzesänderung der Nationalversammlung vom 25
April 1996
Alle oben genannten Dokumente unterstützen die Rechte aller
EU-Bürger im TOM. Ich stelle fest, daß Sie, Herr COTICHE, Ihre
Entscheidungen auf Grund eines Rechtsirrtums gefällt haben. Ich
fordere Sie erneut auf mir ein Visum auszustellen, welches mir
rechtmäßig zusteht. Ohne Bedingungen.
Mit freundlichen Grüßen
Erika Ginsberg-Klemmt
http://www.trans-ocean.org/Pangaea
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