Erika und Achim Ginsberg-Klemmt, SY Pangaea,
Bantschowstraße 2, 22391 Hamburg, Bundesrepublik Deutschland
Anaho den 2.März 1999
Mme
Claude-Eliane Weinmann
Consul honoraire de la Republique federale d'Allemagne
B.P. 452
Papeete - Tahiti, Polynesie Francaise
Betrifft: Ihr Verhalten als Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland
Sehr geehrte Frau Weinmann,
Vielen Dank für die Übersendung Ihrer Anfrage an den Haut-Commissaire de la Republique
vom 29 Januar 1999, die wohl zur Klärung der aktuellen Situation beitragen soll.
Vielen Dank auch für die kommentarlose Übermittlung der Kopie des Schreibens, um dessen
Bestätigung ich den Herrn Haut-Commissaire Jean Aribaud in meiner schriftlichen Anfrage
vom 1.Februar 1999 bat, und auch eines Antwortschreibens von Herrn Michel Jeanjean, auf
die von uns initiierte telefonische Anfrage des Bügermeisters von Hiva Oa, Herrn Guy
Rouzy. Nun fehlt uns nur noch der Originaltext der Entscheidung vom 20 Dezember 1995 des
Staatsrates (Conseil d'Etat) zur Veröffentlichung im Internet, um den ich bei Herrn
Haut-Commissaire Aribaud ebenfalls am 1.Februar 1999 nachgefragt habe. Der sehr nette
Vertreter des mittlerweile beurlaubten Chef Gendarme Cotiche von Hiva Oa war so
hilfsbereit, sich um ein Exemplar für uns zu bemühen, welches er sogar eigenhändig
fotokopierte. Leider war die Qualität seines Originals so schlecht, daß man auch unsere
Kopie bei bestem Willen nur unzureichend entziffern kann.
Wir möchten Sie bitten, Kopien der oben genannten Dokumente auch an Herrn Dr.Goldschmidt
von der Deutschen Botschaft zu senden, falls dies noch nicht geschehen ist.
Gehört es zum Etikett des Haut-Commissariats, daß offizielle, schriftliche Anfragen
individueller Bürger ignoriert werden, oder die Antworten nach langer Zeit kommentarlos,
durch Unterhändler wie Sie, beiläufig und indirekt übermittelt werden ? Wir empfinden
dieses Verhalten als eine Zumutung.
Herr Michel Jeanjean stellt in seiner Antwort vom 8.Februar 1999 an Sie fest, daß seit
der Entscheidung des Conseil d'Etat von 20.Dezember 1995 in Frankreich, französische
EU-Bürger das exklusive Recht besitzen, von der Bezahlung der "Caution de
Rapatriment" befreit zu sein. Im Jahre 1997 erklärten Sie, mit 24 stündiger
Verzögerung durch eine Rücksprache, gegenüber Frau Riewesell und Herrn Helesic von der
Yacht "Mana", daß ALLE, auch Franzosen, die Kaution bezahlen müssen. Ihre
Aussage war also "effektiv falsch", wie Frau Ute Riewesell in ihrem Artikel
"Sicherheitsleistung (Kaution) in Französisch Polynesien" auf Seite 25 der
Zeitung Trans-Ocean im Oktober 1997 enttäuscht feststellt. Sie haben falsche
Informationen weitergeleitet! Ihre schriftliche Anfrage an den Haut-Commissaire vom
29.Januar 1999 kommt fast 2 Jahre zu spät.
Wie kann es sein, Frau Konsulin Weinmann, daß Ihnen die lebhafte Diskussion in der Presse
Tahiti's zu diesem Thema zur Zeit entgangen ist? Oder haben Sie die oben genannte
Behauptung etwa nur unachtsam als "white lie" verbreitet, in der Hoffnung, daß
die lästigen und unbequemen Fragen der deutschen Segler endlich verstummen ? Die
Zeitungsausschnitte der betreffenden Artikel haben wir Ihnen bereits am 20.November 1998
zusammen mit unserem kompletten Dossier übersendet.
In Ihrer handschriftlichen Notiz, die Ihren Kopien beiliegen, schreiben Sie:
"Hoffentlich ist die Erklärung klar genug und Sie sind jetzt über die offizielle
und gültige Gesetzgebung informiert. Vergessen Sie nicht, daß Französisch Polynesien
ein Stück des Französischen Bodens ist, aber nur als Partnerstaat zu Europa
gehört."
Ihre Feststellung, daß wir uns beim Landgang auf Französischem Boden befinden, ist
durchaus richtig. Außerdem ist dieser Französische Boden mit Französischen EU-Bürgern
bewohnt, die Französische EU-Reisepässe besitzen und großzügige Finanzhilfen aus
EU-Förderungsmitteln in Anspruch nehmen. Wir befinden uns jedoch meisten Teils nicht auf
Französischem Boden, sondern auf den Planken eines Segelschiffes unter
europäisch-deutscher Flagge, auf dem ich als Kapitän für die Einhaltung von Verträgen
und Gesetzen die Verantwortung trage. Wir fühlen uns hier in Polynesien nicht "chez
nous", wie Sie Frau Konsulin Weinmann, wir fühlen uns herzlich willkommen bei den
polynesischen Einwohnern von "Te Fenua Enata", der Erde der Menschen, wie
die Marquesas Inseln eigentlich heißen.
Als wir die Insel unseres Freundes Pastor Peperou Heitaa, Hiva Oa, besuchten, bemerkten
wir schmunzelnd, daß wir die Gemeinsamkeit mit ihm haben, von "Frani",
Franzosen, diplomatisch vertreten zu werden. Es ist Pastor Heitaa unangenehm, wie sich die
französischen Behörden auf seiner Insel, nicht nur gegenüber Besuchern, aufführen. Die
ganze Kirchengemeinde betete während der Messe für den Erfolg unserer Briefe. Pastor
Heitaa stellte uns sogar seine eigene Adresse als Kontaktadresse in Polynesien zur
Verfügung. Als wir nach drei Monaten Aufenthalt Abschied nehmen mußten, um wegen einer
Schwangerschafts-Routineuntersuchung meiner Frau zum Krankenhaus nach Nuku Hiva zu segeln,
kam die Gemeinde zum Hafen und sang Abschiedslieder für uns in vier Sprachen.
Ihre Interpretation "Partnerstaat" ist ebenfalls "effektiv falsch,"
Frau Konsulin Weinmann. Französisch Polynesien ist, wie Sie wissen, mehrheitlich gegen
eine Unabhängigkeit von Frankreich eingestellt und befindet sich nach wie vor "im
Herzen der Republik," wie Präsident Gaston Flosse gerne schwungvoll erklärt. Die
188000 EU-Bürger in Französisch Polynesien haben sogar ihren eigenen Repräsentant bei
der EU in Brüssel: Den Bruder des Finanzministers, Monsieur Bruno Peaucellier.
Ich habe Ihnen das Urteil des Tribunal Administratif de Papeete vom 26 Oktober 1993 im
Fall Jan van Drunen bereits im November 1998 übersendet, welches die Gültigkeit der
EU-Verträge für Französisch Polynesien feststellt, damit Sie es zur Kenntnis nehmen
Frau Weinmann! Dies haben Sie ganz offensichtlich immer noch nicht getan. Das Gericht
stellte fest: "...Herr van Drunen, [ist] als niederländischer Staatsbürger,
aufgrund der internationalen Verträge, die Frankreich an die Mitgliedsstaaten der
europäischen Gemeinschaft binden, von der Notwendigkeit eines Aufenthaltsvisums
befreit..."
Niemand hat Frankreich zur Unterzeichnung der Verträge von Maastricht und Rom gezwungen.
Ihr Land, die Republik Frankreich, Frau Konsulin Weinmann, hatte die freie Wahl. Pro und
Contra sollten vor der Unterzeichnung diskutiert werden und nicht danach, wie man es hier
zu tun pflegt. Es ist ein Skandal, das Herr Jeanjean im Namen des Haut-Commissaire de la
Republique nun auf Seite 1 Zeile 21-22 seines Schreibens vom 8.Februar 1999 an Sie, die
Anwendung der Bürgerrechte verweigert. Es gehört zu Ihren Aufgaben als Honorarkonsulin
und Interessenvertreter der Bürger der Bundesrepublik Deutschland in Tahiti, die
Behörden in Französisch Polynesien an die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen
und an die Respektierung des Urteils vom 26.Oktober 1993 des Tribunal Administratif de
Papeete zu ermahnen !
Sie haben mir gegenüber, und auch gegenüber meiner Frau Erika, wiederholt erklärt, daß
Sie es nicht als Ihre Aufgabe ansehen, die Interessen der Bürger der Bundesrepublik
Deutschland zu vertreten. Warum?
Frau Weinmann, wir empfinden es als Beleidigung, daß Sie im Namen unseres Landes als
Honorarkonsulin tätig sind. Jemand hat da den "Bock zum Gärtner" gemacht, wie
man so schön sagt.
Wir möchten Ihnen hiermit für Ihre langjährige Tätigkeit danken, Sie jetzt aber auch
auffordern, Ihren Gewissenskonflikt umgehend zu beseitigen. Folgen Sie ungehemmt Ihren
stolzen Gefühlen als französische Staatsbürgerin, aber bitte legen Sie Ihr Amt als
Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland nieder. Als Ihren Nachfolger schlagen wir
einen niederländischen EU-Bürger vor: Herrn Jan van Drunen.
Hochachtungsvoll
Erika Ginsberg-Klemmt, Journalistin
Achim Klemmt, Dipl.Ing.
Cc: Herrn Dr.Goldschmidt, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland,Paris
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